Was ist das HPLVD und was kann man dagegen tun?
Wenn sich Deine Cannabispflanzen nicht wie gewünscht entwickeln und Du beispielsweise kleinere Internodien, Blätter und Buds entdeckst, sich gleichzeitig weniger Trichome bilden und der Cannabinoidgehalt stark abnimmt, könnte der Verursacher das Hopfen-Latentviroid (HP-LVd) sein. Erfahre hier, was das HP-LVd genau ist, wie Du das Viroid identifizierst und welche Maßnahmen Du ergreifen kannst, um Deine Pflanzen zu retten.
Hopfen, Cannabis und HP-LVd
Hauptsächlich tritt das HP-LVd bei Hopfenpflanzen auf und verursacht die Hopfenvergilbung. Aufgrund der engen Verwandtschaft können aber auch Cannabispflanzen betroffen sein. Denn Hopfen und Cannabis gehören zur Familie der Cannabaceae und weisen einige Ähnlichkeiten auf.
Beide Pflanzen bilden Cannabinoide, wobei die Cannabispflanze mit ihren über 100 unterschiedlichen Cannabinoiden dem Hopfen weit überlegen ist. Hingegen produziert der Hopfen in nur geringen Mengen Cannabinoide wie Cannabidiol (CBD) oder Cannabigerol (CBG). Das begehrte Tetrahydrocannabinol (THC) liefert der Hopfen nicht, bzw. in so geringer Konzentration, das es kaum nachweisbar ist.
Was ist das HP-LVd?
Das Hopfen-Latentviroid (HP-LVd) gehört zu den Pflanzenviroiden und besteht aus einem winzigen einzelsträngigen RNA-Molekül, das ohne ein leistungsstarkes Mikroskop nicht zu erkennen ist.
Wissenswert: Ein Viroid besitzt im Gegensatz zu einem Virus keine Proteinhülle und kann sich nicht eigenständig vermehren. Vielmehr nutzt das Viroid die Enzyme der Wirtszelle, um ihre einzige kurze RNA-Kette zu replizieren.
Im Gegensatz zu anderen Viroiden verursacht das HP-LVd keine offensichtlichen Krankheitssymptome bei infizierten Pflanzen. Es bleibt "latent" oder inaktiv, was bedeutet, dass es keine sichtbaren Schäden verursacht, aber dennoch in der Pflanze vorhanden ist. Dabei erfolgt die Verbreitung des Viroids vorwiegend durch vegetative Vermehrung von infizierten Pflanzenmaterialien wie Stecklingen oder Setzlingen. Hauptsächlich wird es jedoch durch den Kontakt mit infiziertem Werkzeug (z. B. Schere, Skalpell etc.) verbreitet.
Wissenswert: Bislang wird davon ausgegangen, dass das HP-LVd für Menschen kein Risiko darstellt – auch dann nicht, wenn kontaminierte Blüten konsumiert werden.
Wann wurde das HP-LVd entdeckt?
Bei Hopfenpflanzen wurde das HP-LVd bereits im Jahr 1987 entdeckt und sorgt seither überall auf der Welt für Probleme in der Brauwirtschaft bzw. in den Hopfenverarbeitungsanlagen. In den USA und Kanada hat sich die Cannabisindustrie in den vergangenen Jahren rasant ausgedehnt. Deshalb liegen auch häufig die Anbauflächen unterschiedlicher Pflanzenkulturen nebeneinander – so auch Hopfen und Cannabis.
Es heißt, dass etwa im Jahr 2014 vermehrt über eine Krankheit bei Cannabispflanzen diskutiert wurde, die als „dudding disease“ bezeichnet wurde. Im Jahr 2017 stellte Graham Farrar von Glass House Farm in Kalifornien Krankheitssymptome an mehreren seiner Cultivare fest.
Gemeinsam mit verschiedenen Wissenschaftlern von Phylos Bioscience konnte dann im Jahr 2019 der Beweis erbracht werden, dass es sich bei der Dudding-Krankheit um mit dem HP-LVd infizierte Pflanzen handelt.[1] Etwa zwei Jahre später stellten Forscher fest, dass ungefähr 90 Prozent aller Cannabisanbaubetriebe in Kalifornien positiv auf das HP-LVd getestet wurden. Zudem zeigten 30 Prozent der Cannabispflanzen Symptome einer Infektion.[2]
Wie erkennst Du das HP-LVd bei Cannabispflanzen?
Es wird davon ausgegangen, dass das Viroid vor allem dadurch übertragen wird, wenn eine infizierte Cannabispflanze mit einer gesunden Pflanze in Kontakt kommt. Wenn Du beispielsweise eine kontaminierte Pflanze mit einer Schere beschneidest und anschließend mit der gleichen Schere eine gesunde Pflanze bearbeitest, ist das Risiko sehr hoch, dass die gesunde Pflanze ebenfalls erkrankt.
Wissenswert: Das HP-LVd ist äußerst stabil und langlebig. Auf Oberflächen kann das HP-LVd etwa fünf Tage überleben, auf den trockenen Blättern sogar vier Wochen.
Es gibt im Grunde genommen nur eine sichere Möglichkeit, um das Viroid nachzuweisen und das ist ein Screening-Test (z. B. PCR-Test). Allerdings ist es nicht leicht, an diesen heranzukommen und dürfte mit hohen Kosten verbunden sein. Das lohnt sich dementsprechend nur für kommerzielle Grower.
Das größte Problem ist, dass Pflanzen infiziert sein können, aber keine Krankheitssymptome zeigen. Somit kann sich das Viroid weiter ausbreiten, ohne dass es entdeckt wird. Erschwerend kommt hinzu, dass es keine eindeutigen Symptome gibt, die sofort auf das HP-LVd hindeuten. Allenfalls gibt es marginale Hinweise in den verschiedenen Wachstumsstadien.
HP-LVd-Symptome im Anzuchtstadium
Wenn Du Klone von den mit dem Viroid infizierten Müttern entnimmst, kann die Entwicklung der Wurzeln eingeschränkt sein. Die Wurzeln wachsen dann langsamer und das Wurzelsystem erreicht nicht die normale Größe. Infolgedessen bleiben die Cannabispflanzen kleiner und sind auch weniger produktiv als erwartet. Hinzu kommt, dass das verkümmerte Wurzelsystem auch anfälliger für andere Krankheitserreger ist.
HP-LVd-Symptome in der Wachstumsphase
Wenn eine Cannabispflanze in der Wachstumsphase infiziert ist, kommt es zu in der Regel zu Wachstumsstörungen mit folgenden Symptomen:
- Brüchige Stiele
- Kleine, schmale Blätter
- Verfärbungen der Blätter
- Reduziertes seitliches Wachstum
- Kurze Internodien
- Ungewöhnlicher Duft nach kompostierten Blättern
Nicht immer treten alle diese Symptome auf. Es ist auch möglich, dass sie sich erst in der Blütephase zeigen.
HP-LVd-Symptome in der Blütephase
Während der Blütephase treten die Symptome oftmals am deutlichsten auf, da die Viroidkonzentration dann am höchsten ist. Als Folge fallen die Trichomenentwicklung geringer und die Blüten kleiner aus als erwartet. Dabei können erkrankte Pflanzen bis zu 50 Prozent weniger Cannabinoide beinhalten als gesunde Pflanzen desselben Phänotyps.
So verhinderst Du eine Infektion bei Deinen Cannabispflanzen
Das HP-LVd ist heimtückisch, da es so schwierig ist, dieses zu identifizieren. Deshalb solltest Du Vorsichtsmaßnahmen treffen. Besonders wichtig ist die Hygiene, um eine Übertragung zu verhindern. Reinige immer Deine Hände, Werkzeuge und Arbeitsflächen nach dem Kontakt mit einer Cannabispflanze. Damit vermeidest Du nicht nur die Übertragung des HP-LVd, sondern auch die von anderen Krankheitserregern.
Wenn eine Cannabispflanze auffällig verkümmert wächst, solltest Du diese vorsichtshalber aus dem Anbau entfernen. Zudem ist es nicht ratsam Pflanzen zu züchten oder zu klonen, wenn Du vermutest, dass sie infiziert sein könnten. Damit schließt Du aus, dass das Viroid an die späteren Generationen weitergegeben wird.
Wissenswert: Es wird vermutet, dass Pflanzen von Jamaican Lion resistent gegen das HP-LVd sind. Infizierte Pflanzen können sich dennoch normal entwickeln und eine gute Ertragsmenge zu bieten.
Behandlung von infizierten Cannabispflanzen
Leider können infizierte Cannabispflanzen nicht wirklich behandelt werden. Sowohl eine Wärme- als auch Kältetherapie scheinen unwirksam zu sein. Befindet sich das Viroid einmal im Pflanzengewebe, verbleibt es dort. Es ist nicht möglich, das kontaminierte Gewebe zu desinfizieren oder zu entfernen, weshalb vorbeugende Maßnahmen und das Entfernen von infizierten Pflanzen am wichtigsten ist.
Einige Grower haben bereits experimentiert, um infizierte Cannabispflanzen zu retten. Eine alternative Behandlungsmethode ist zum Beispiel:
- Nutze ein Breitspektrum-Bakterizid/Fungizid (z. B. Zerotol oder OxiDate 2.0) im Mischverhältnis 8 ml/pro Liter Wasser.
- Nimm den frisch geschnittenen Klon und tauche ihn für zwei bis drei Minuten in die Mischung. Lass ihn dann wie gewohnt bewurzeln.
- Mische 0,5 ml/Liter Wasser und tauche den Klon, nachdem er Wurzeln geschlagen hat, in die Flüssigkeit.
Es kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass diese Maßnahme zum Erfolg führt, aber die Chance wird als hoch eingeschätzt.
Fazit
Das Hopfen-Latentviroid (HP-LVd) kann bei Cannabispflanzen die sogenannte Dudding-Krankheit auslösen und damit die Quantität und Qualität Deiner Ernte erheblich verringern. Besonders problematisch ist, dass es keine eindeutigen Anzeichen gibt, anhand derer das Viroid identifiziert werden kann. Auch gibt es keine hundertprozentig funktionierende Behandlungsmethode.
Letztendlich ist Vorbeugung die sicherste Maßnahme. Diese beginnt bereits beim Kauf von Hanfsamen, die Du nur bei bekannten und hochwertigen Saatgutbanken erwerben solltest. Um Deine Pflanzen vor dem Viroid und anderen Krankheitserregern zu schützen, achte vor allem auf die Hygiene und desinfiziere immer Deine Werkzeuge, nachdem Du damit an einer Cannabispflanze gearbeitet hast.
Quellen und Studien
[1] J. G. Warren, J. Mercado, D. Grace, Dark Heart Nursery, Oakland, CA 94621, Published Online:21 Aug 2019, Download vom 01.05.2024 von [Quelle]
[2] Adkar-Purushothama CR, Sano T, Perreault JP. Hop Latent Viroid: A Hidden Threat to the Cannabis Industry. Viruses. 2023 Mar 4;15(3):681, Download vom 01.05.2024 von [Quelle]